Führungskräfte der Universitätsmedizin, Vertreter der Gesundheits- und Wissenschaftspolitik, der Wirtschaft und Studierende kamen am 20./21.06. zum 80. Ordentlichen Medizinischen Fakultätentag (oMFT) in Tübingen zusammen. Der oMFT ist das Netzwerktreffen rund um die universitäre Medizinerausbildung und medizinische Forschung. Entsprechend hochkarätig besetzt war die Referentenliste mit den Ministerinnen Anja Karliczek und Theresia Bauer.
Auf der Agenda des zweitägigen Treffens standen Aspekte der Mediziner- und Zahnmedizinerausbildung sowie die Karriereentwicklung in der Forschung und die Durchführung Klinischer Studien. Der scheidende MFT-Präsident Heyo K. Kroemer zeigte in seiner Eröffnungsrede die Vielzahl von Aktivitäten auf, die vom MFT bearbeitet werden und für die Zukunft der universitären Medizin eine herausragende Bedeutung haben. Dies betrifft sowohl das Medizinstudium mit dem Masterplan 2020 als auch die Forschung im Rahmen der Medizininformatikinitiative. Hier hat das BMBF ganz entscheidende Impulse gesetzt, und der Großteil der Medizinischen Fakultäten ist in den Konsortien beteiligt. „Der MFT hat sich über die Jahre zu einem Verband entwickelt, der zusammen mit dem Verband der Universitätsklinika im deutschen Wissenschaftssystem durchaus wahrgenommen wird. In fast allen wichtigen Gremien beim Wissenschaftsrat, beim BMBF und beim BMG sind wir vertreten“, fasst Kroemer die Entwicklung der gemeinsamen politischen Vertretung der Universitätsmedizin zusammen. Seinem Nachfolger im Amt Matthias Frosch, mit dem er viele Jahre vertrauensvoll zusammengearbeitet habe, wünschte Kroemer eine glückliche Hand in der Führung des MFT.
V.l.n.r.: Matthias Frosch, Anja Karliczek, Heyo K. Kroemer, Bernd Engler, Theresia Bauer, Annette Widmann-Mauz, Frank Wissing, Ingo Autenrieth
Foto: MFT/Sablotny
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer fand in ihrem Grußwort klare Worte. Sie betonte den hohen Qualitätsanspruch der Universitätsmedizin, der immer auch als großes Ganzes zu betrachten sei. Fehlentwicklungen einzelner Standorte wirkten sich automatisch auf die gesamte Universitätsmedizin aus. Zudem übte Bauer Kritik an der Landarztquote. Sie zeigte sich skeptisch wegen der zu frühen Festlegung der Studierenden und appellierte an die Fakultäten, sich hier noch stärker einzumischen.
Im anschließenden Eröffnungsvortrag betonte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek die Bedeutung der Medizininformatik für die medizinische Forschung und die Öffentlichkeit gleichermaßen. Es sei wichtig, den Stellenwert der Forschung in die Gesellschaft zu tragen. Karliczek forderte außerdem einen offenen und kritischen Umgang, wenn es um die Vernetzung von Forschungs- und Versorgungsdaten geht.
Neue Wege für Clincian Scientist-Programme und klinische Studien
Mittlerweile verfügen fast alle Medizinischen Fakultäten über Clinician Scientist-Programme und bieten damit einen modernen Karriereweg für eine strukturierte Facharztausbildung. Essentiell ist dabei die Anerkennung eines Teils der Forschungszeiten durch die einzelnen Landesärztekammern. In mehreren Bundesländern existieren solche Vereinbarungen bereits. Fazit der Diskussion in Tübingen: Wenn die jeweiligen Akteure in den Kammern bereit sind, ihre rechtlichen Spielräume zu nutzen, gibt es auch Wege für die Anerkennung.
Eine lebhafte Podiumsdiskussion über klinische Studien und neue Therapien rundete das Programm des ersten Tages ab. Klinische Studien sind ein Kerngeschäft der Universitätsmedizin. Die meisten klinischen Studien werden an Universitätskliniken durchgeführt. Nur hier können Patienten in einem gleichermaßen von Forschung wie auch Versorgung getragenen Umfeld in Studien eingeschlossen werden. Dass die Beteiligung für Patienten nicht immer einfach ist, zumal wenn sie ehrenamtlich erfolgt, wurde in der Diskussion deutlich. Es wurden neue Wege aufgezeigt, um forschungsinteressierte Patientenvertreter zu finden und weiter zu qualifizieren. Erfreulich war die Aussage, dass es bereits Mechanismen für die finanzielle Unterstützung von Studien durch die Krankenkassen gibt. Dies ist jedoch eine Frage der individuellen Ausgestaltung und muss weiterentwickelt und ausgebaut werden.
Lernzielkatalog als Motor für das Medizinstudium
Bereits 2015 haben die Fakultäten den Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) als fakultative Handreichung verabschiedet. Seit Herbst 2018 wird unter der gemeinsamen Koordination des MFT und des Instituts für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) mit über 600 Experten auf Grundlage des bestehenden NKLM sowie des aktuell gültigen Gegenstandskatalogs ein gemeinsamer Katalog mit klar identifizierbarer Zuordnung von fakultäts- und staatsexamensrelevanten Inhalten erarbeitet. Damit ist der NKLM zu einem Motor für die Weiterentwicklung des Medizinstudiums geworden. Dabei werden Themen, die über das für Lehre und Prüfung verbindliche Kerncurriculum hinausgehen, weiterhin von den jeweiligen Fakultäten selbst bestimm. Ziel ist ein einheitliches Absolventenprofil, um zukünftige Ärzte bundesweit unabhängig vom Ausbildungsort auf hohem Niveau ausbilden zu können.
Digital ist nicht gleich digital
Digitalisierung im Medizinstudium hat viele Facetten. Vielfach werden bereits heute in der Lehre und bei Prüfungen digitale Tools eingesetzt. Ein Trend, der in den kommenden Jahren zunehmen wird, ist die Anwendung von Lernapplikationen und Educational Tools im Studium. Zwar gibt es bereits diverse Angebote. Allerdings fehlt es an strukturierten Lehrkonzepten, die auch longitudinal im Curriculum verankert werden müssen. Wichtige Impulse hat hierzu auch der Blick auf die neuen Konzepte an der ETH Zürich gebracht.
Führungswechsel im Präsidium
Bereits am Donnerstagvormittag hatte die Mitgliederversammlung des MFT Matthias Frosch mit großer Mehrheit zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Frosch ist Mediziner, Mikrobiologe und als Dekan der Medizinischen Fakultät Würzburg seit 2013 im Präsidium des MFT. Er dankte seinem Vorgänger Heyo K. Kroemer für dessen Verdienste um die Professionalisierung der Verbandsarbeit. „Heyo Kroemer hat den MFT zu einem schlagkräftigen politischen Akteur gemacht. Auf diese Gestaltungskraft der Medizinischen Fakultäten werde ich meine Arbeit aufbauen, um zusammen mit dem Verband der Universitätsklinika die prägende Rolle der Universitätsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung weiter zu stärken“, fasst Frosch die Ziele seines neuen Amtes zusammen.
Matthias Frosch ist seit 2016 MFT-Vizepräsident und tritt ab Juli die Nachfolge von Heyo K. Kroemer an, der aufgrund seines neuen Amts als Vorstandsvorsitzender der Charité vorzeitig aus dem Präsidium des MFT ausscheidet. Neu ins Präsidium gewählt wurden außerdem Christopher Baum (Lübeck), Roland Frankenberger (Marburg) und Martina Kadmon (Augsburg). Michael Gekle (Halle) und Jürgen Schüttler (Erlangen) wurden in ihren Ämtern bestätigt.
Über den MFT
Der Medizinische Fakultätentag ist der Dachverband der Medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Deutschlands. Sie verantworten in über 70 verschiedenen Studiengängen die Ausbildung von rund 93.000 Studierenden der Human- und Zahnmedizin sowie der Gesundheitswissenschaften. Gemeinsam mit dem Verband der Universitätsklinika (VUD) vertritt der MFT die Deutsche Hochschulmedizin.
Kontakt
Corinne M. Dölling
MFT Medizinischer Fakultätentag
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